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Grenzgänger im Dschungel – Rousseau und die vergessenen Meister

First posted: June 6, 2018June 6, 2018Filed under: Short ReportsComment
Essen. Werke von Henri Rousseau und 12 Künstlern der so genannten „Outsider-Art“ (unter anderem von Séraphine Louis, André Bauchant, Nikifor) standen im Museum Folkwang in spannendem Dialog mit Werken von Honoré Daumier und Picasso bis Hanne Darboven, Paul Gauguin, Paula Modersohn-Becker. Dieses Highlight wagte einen neuen Blick auf die Moderne. Die 13 Autodidakten, so einer der Kuratoren, begleiten die Avantgarde quasi wie ein Schatten: ihre Werke inspirierten auf vielfältige Weise die ausgestellten bekannten Namen. Der Katalog selbst spricht von Outsider Art, Art Brut, Grenzgängern, Self-taught-Artists (Autodidakten). In konzentrierten Einzelretrospektiven finden sich Werke aus Malerei, Skulptur und Fotografie von: André Bauchant, Erich Bödeker, William Edmondson, Louis Michel Eilshemius, Morris Hirshfield, Séraphine Louis, Nikifor, Martín Ramírez, Henri Rousseau, Miroslav Tichý, Bill Traylor, Adalbert Trillhaase und Alfred Wallis.

Einer der wichtigsten Sammler dieser Kunst war der Heidelberger Arzt Hans Prinzhorn in den 1920er Jahren. Sein Buch „Bildnerei der Geisteskranken“ und seine Sammlung wurden Grundlage für weitere kunstgeschichtliche Untersuchungen. Der französische Maler Jean Dubuffet sammelte akademisch unverbildete, unmittelbar naive, vitale und „rohe“ Kunst unter dem Label „Art Brut“. 1972 brachte Harald Szeemann auf der documenta die „Outsider Art“ in eine größere Öffentlichkeit. Seit einiger Zeit werden derartige Kunstwerke in größeren Ausstellungen gezeigt. Die frühe Ankaufspolitik von Karl Ernst Osthaus, der das Folkwang-Museum Anfang des 20. Jahrhunderts in Hagen gegründet hat, ermöglicht diese vielseitige Ausstellung. Er hat im Sinne des Folkwang-Gedankens neben der zeitgenössischen auch außereuropäische Kunst gesammelt. In der Kunst der Outsider spielen verschiedene kunstgeschichtlich relevante Aspekte eine Rolle. Die Biografie hat großen Einfluss auf das Werk, so dass Lebensgeschichte und Bilderzählungen starke Parallelen aufweisen. Outsider stellen grundsätzlich Herkömmliches in Frage stellen und ermöglichen persönliche Sichten durch ihre ideelle und finanzielle Unabhängigkeit vom Mainstream. Die verschiedenen Katalogbeiträge machen deutlich, dass die Auseinandersetzung mit unkonventionellen und von der Norm abweichenden Lebensläufen schwierig ist. Der Grat ist schmal zwischen kunsthistorischer Bewertung und diskriminierungsfreiem Diskurs.

In ihrer Energie und Vitalität, so die Kuratoren Kasper König und Falk Wolf, stehen die Werke der Outsider den Meisterwerken der Moderne in nichts nach. Vergleichendes, kreatives Sehen, Herstellen von Verbindungen zwischen Schlüsselwerken der Moderne und Gegenwartskunst auf der einen und der Outsider-Kunst auf der anderen Seite – das ist Herausforderung für Museum und Betrachter gleichermaßen.

Dreh- und Angelpunkt der Schau sind Porträts und die berühmten, riesigen Dschungelbilder von Henri Rousseau (*1844 – †1910). Damit beeindruckte der Zollbeamte im „Salon der Unabhängigen Künstler“ die Pariser Avantgarde – Picasso, Delauny, Léger und viele andere. Anregungen fand er in Fotos der Schwarzafrikanischen Kolonien, dem Naturkundemuseum, dem tropischen Gewächshaus, Kolonial- und Weltausstellungen. Er collagierte unterschiedlichste Versatzelemente zu einem stimmigen Gemälde. Seine Werke gelten als Gegenbilder zur Industrialisierung und stehen für den Versuch einer Erneuerung der Malerei.

Seraphin Louis, alias Séraphin de Senlis (*1864 – †1942) zählt neben Rousseau zu den bekanntesten „Naiven“ Künstlern in Frankreich. Sie wurde von dem Kunsthändler Wilhelm Uhde entdeckt, der beide und weitere Künstler (u. a. Historienbilder von André Bauchan) 1928 in seiner Ausstellung „Maler des Heiligen Herzens“ zeigte. Ihre zunehmend abstrakter, dichter und größer werdenden Blumen- und Früchtestilleben, deren sechs Riesenbilder erstmals zusammen gezeigt werden, beziehen sich unter anderem auf botanische Nachschlagewerke und apokalyptische Vorstellungen („Lebensbaum“ und „Paradiesbaum“).

1943 zeigte das Museum of Modern Art in New York eine heftig umstrittene „Retrospektive primitiver Gemälde eines Herstellers von Mänteln, Anzügen und Pantoffeln im Ruhestand“ – Werke von Morris Hirshfield (1872-1946). Ebenso umstritten waren Alfred H. Barrs Ankäufe von André Bauchant, Camille Bombois und Erinnerungsbilder des Seemanns Alfred Wallis. Ebenso wie religiöse Skulpturen von William Edmondson schienen sie ihm geeignet für eine Einführung in die moderne Malerei. Adalbert Trillhaase war Mitglied des Künstlerkreises um die Düsseldorfer Kunsthändlerin Johanna Ey. Der ehemalige Bergmann Erich Bödeker erbaute in Recklinghausen in den 1960er Jahren schlichte und humorvolle Gebrauchs-Skulpturen. Ein zentrales Motiv in Collagen Mexikaners Ramírez sind Reise und Exil, symbolisiert durch Züge. Miroslav Tichy flanierte in den 1960er Jahren durch die Straßen und fotografierte Frauen im Stil von frühen Daguerrotypien. Bill Traylor (*1854 – † 1949) schildert Verletzungen und ruft zu Veränderungen auf. Nikifor Krynicki verwirklichte seinen Traum von einer idealen Welt, in der er als Respektsperson galt, in Porträts und utopischen Architekturen. s. Archiv: https://www.museum-folkwang.de

Zum kunsthistorischen Kontext: Die Begriffe „Art Brut“ (Jean Dubuffet, Manifest „L’Art brut préféré aux arts culturels“, 1949), „Outsider Art“, „Naive Malerei“ zielen ursprünglich auf eine rohe, unverfälschte Kunst von Autodidakten, Kindern und psychisch Erkrankten ab. Seit einigen Jahren rücken die so genannten Out-Sider-Künstler mehr und mehr ins Interesse von Museen und Kunstmarkt. Dort sind sie längst mehr als eine nur bizarre Randerscheinung, aber sie passen nur schwer in klassische Kategorien der Kunstgeschichte.

Barbara Wucherer-Staar, Dame mit Hirn – Head inside out. Assoziationen beim Gang durch die Ausstellung von Selbstporträts von Maria Lassnig im Museum Folkwang Essen, in: theomag, „Outsider“, Heft 106, 2017; http://www.theomag.de

Arbeiten von Miroslav Tichy waren 2018 auf der Art Cologne zu sehen in der Galerie Delmes & Zander; http://www.galerie-zander.de/; Art Cologne 2018; http://www.artcologne.de/ART-COLOGNE/index.php

Eine Werkschau zum Werk von Paula Modersohn-Becker ist ab Herbst 2018 im von der Heydt-Museum zu sehen: Paula Modersohn-Becker. Zwischen Worpswede und Paris; von der Heydt-Museum, Wuppertal, 09.09.2018-06.01.2019; s. Ausstellungen / Vorschau http://vdh.netgate1.net
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