Ach, denkt die Farbe, warum, wozu
Lässt Josef Albers mich nicht in Ruh?
(Frei nach Wilhelm Busch (1832-1908), Der Lohn des Fleißes)
Verrückt nach Farbe: Josef Albers Bottrop. Die neue, beeindruckend schlichte Josef Albers Galerie in Bottrop eröffnete mit der Sonderausstellung Josef Albers. Huldigung an das Quadrat 1950 bis 1976. Diese von Heinz Liesbrock sorgfältig konzipierte Schau zeigt mehr als hundert seiner Homage to the Square (1950-1976), nahezu vollkommenen Farb- und Raumentdeckungen in der Malerei. In acht großzügig geschnittenen, hellen Räumen entstehen stets neu fesselnde Dialoge des Sehens mit den Werken von Albers. Besucher können sich hineinziehen lassen in Albers “Fooliness of colour”, seine unendliche Faszination an der “Farbe in dauernder, innerer Bewegung … ein Atmen und Pulsieren” (Albers). Unmittelbar erfahrbar wird seine Philosophie der Interaktion von Farbe. Die Bilder stehen im Dialog mit Arbeiten von Paul Cézanne, Giorgio Morandi, Ad Reinhardt und Donald Judd – Künstler, deren Werk eng mit dem von Josef Albers verbunden ist. Der Neubau der Züricher Architekten Annette Gigon und Mike Guyer beeindruck gerade in seiner Schlichtheit und fügt sich so harmonisch in das bisherige Ensemble ein. Eine der Besonderheiten ist die Sched-Dachkonstruktion. Museumsleiter Liesbrock verabschiedete sich mit dieser eindrucksvollen Schau nach 20 Jahren in den Ruhestand. Im bereits 1983 eröffneten Altbau wurde mit Werken von Josef Albers eine ständige Sammlung neu eingerichtet. Es finden sich Arbeiten, die vor der mehr als 2000 Werke umfassenden Serie der Hommage an den Platz (1950-1976) entstanden: aus seiner Zeit am Bauhaus, aus seiner Begegnung mit der alten, präkolumbischen Kunst Mexikos und aus seiner wegweisenden Schrift Zusammenspiel der Farben. Grundlegung einer Didaktik des Sehens (Yale University Press, 1963). In diesem Mappenwerk von mehr als 100 Serigrafien erprobt er die “relative” Wahrnehmung von Farbe und erläutert sein Konzept “to open eyes” – die Augen öffen: “In visueller Wahrnehmung wird eine Farbe beinahe niemals als das gesehen, was sie wirklich ist, das heißt als das, was sie physikalisch ist. Dadurch wird die Farbe zum relativsten Mittel der Kunst” (Josef Albers). JOSEF ALBERS (1888, Bottrop-1976, New Haven, Connecticut) – Maler, Farbtheoretiker und Kunstpädagoge, gehört zu den zentralen Künstlerfiguren der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Mit seinem Werk und seiner Lehre eröffnete er zahlreichen nachfolgenden Künstlern Wegen und Räumen und wirkte nachhaltig auf die Entwicklung der amerikanischen und europäischen Malerei. Heute ist Albers weltweit geschätzt als einer der wichtigen Wegbereiter der geometrisch-abstrakten Malerei nach 1945. War er vor allem als Lehrer am Bauhaus und am Black Mountain College in Amerika bekannt geworden, wurden 2022/23 seine Werke aus der Serie “Homage to the Square” in acht Räumen zur Herausforderungen des Sehens. Kunsthistorikern Jeannette Redensek, die an der “The Josef and Anni Albers Foundation, in Bethany, Connecticut, USA, das Werkverzeichnis von Josef Albers erstellt, schätzt die Präsentation der Albers-Werke in der neuen Josef-Albers-Galerie ebenso wie die Präsentation seiner Arbeiten vor 1950 in der alten Galerie (Email an die Autorin am 04.02.2023). Ausstellung / Literatur: Josef Albers. Huldigung an das Quadrat. Ein Beitrag zur Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts, Josef-Albers-Museum Quadrat, Bottrop, 19.10.2022-26.02.2023 Ein Katalog gibt neue Einblicke in das Werk von Albers und eröffnet Zusammenhänge zur “konkreten” Malerei nach 1945 in Europa und Amerika: Heinz Liesbrock(Hrsg.), Josef Albers. Huldigung an das Quadrat. Ein Beitrag zur Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts. Mit Beiträgen von Gottfried Boehm, Vincent Broqua, Fritz Horstman, Raimer Jochims, Donald Judd, Heinz Liesbrock, Amy Jean Porter, Jeannette Redensek, Margit Rowell und Nicholas Fox Weber, Berlin: Hatje Cantz, 2022. Quadrat Bottrop: Die Sammlung Kuratorin Ulrike Growe stellt in der neuen Galerie auf 700 qm Werke von Künstlern vor, die seit der Museumsgründung 1983 für die Sammlung erworben und geschenkt wurden. Im Dialog mit Josef Albers stehen Werke von Künstlern, denen er mit seiner Arbeit und seinem Konzept eines „Neuen, unvoreingenommenen Sehens“ – in dem Farbe das „relativste“ Medium ist – , Wege eröffnete. Einige ihrer Arbeiten kamen in der früheren Ausstellungsreihe Josef Albers im Kontext mit Werken von Josef Albers in ein von Heinz Liesbrock moderiertes Gespräch. Die bemerkenswerte, umfangreiche Schau schlägt einen großen Bogen mit Werken von Andreu Alfaro, Herbert Bayer, Laurenz Berges, Ulrich Erben, Pia Fries, Donald Judd, Bridget Riley und Michael Wolf bis hin zu Jerry Zeniuk und Victor Vasarely. In acht Themenräumen entstehen überrschende Begegnungen zwischen Malerei und Fotografie. Stadt Bottrop, Josef Albers Museum Quadrat (Hrsg.), Quadrat Bottrop -Die Sammlung, Josef Albers Museum Quadrat, Bottrop, 30.04.-03.09.2023, Booklet / https: // quadrat.bottrop.de Rezensionen zu einzelnen Künstlern in: tà katoptrizómena – Magazin für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik (Artikelnachweise © Barbara Wucherer-Staar) zu: Ulrich Erben /https://www.theomag.de/74/bws4.htm Kazuo Katase /https://www.theomag.de/80/bws8.htm Josef Albers / https://www.theomag.de/104/bws15.htm Laurenz Berges / https://www.theomag.de/125/bws26.htm Bernhard Fuchs / https://www.theomag.de/127/bws28.htm KI auf der Art Basel 2019 / https://www.theomag.de/121/bws24.htm